Petra Lies / Lilo. Ich tue, was mir Freude macht. Singen und Schreiben.    

Das Leben ist wie eine Bushaltestelle. Ständig muss man warten oder nicht?

Manche Zeitgenossen fragen sich was denn nun eigentlich der Sinn des Lebens ist und philosophieren nächtelang darüber ohne wirklich eine Antwort zu finden. Andere glauben, die Antwort längst zu kennen und teilen ihre Ansicht ungeniert der staunenden Welt mit. Wieder anderen ist der Sinn des Lebens völlig schnuppe. Ich für meinen Teil glaube ja hin und wieder, dass der einzige Sinn aus einer Kette langer Wartezeiten besteht und während man wartet, läuft das Leben in Siebenmeilenstiefeln an einem vorbei. Da nutzt auch keine Luft anhalten, die Augen fest zusammenzudrücken und still verharren und es versuchen anzuhalten hilft ebenso wenig.

Sie fragen sich wieso ich darauf komme? Bitte, steigen Sie ein in unseren Lebensbus und genießen Sie unsere kleine Reise in vollen Zügen.  

Schon im Mutterleib warten wir geschlagene 10 Monate darauf das Licht der Welt zu erblicken und sind wir dann endlich da, warten von nun an nicht nur unsere Eltern und Anverwandte, sondern auch wir darauf, dass wir anfangen zu brabbeln, krabbeln, laufen und in ganzen Sätzen zu reden. Hat man all diese ersten Hürden überwunden und kann endlich sagen, was man will oder nicht, geht die Warterei in ihre zweite Runde. Das Warten auf einen geeigneten Kita- Platz wird zur alltäglichen Beschäftigung und wir, die kleinen Hosenscheißer, werden ebenso jede freie Minute unseres kleinen Daseins darauf vorbereitet und warten insgeheim oder angestachelt durch die euphorische Freude unserer Eltern voller kindlicher Erwartung auf diese fantastische Zeit.

 Was folgt, sind kleine Verschnaufpausen in Sachen Warten. Aber schon bald folgt der << Ernst des Lebens<<, wie es auch heute noch so nett heißt. Ich frage mich und dass, seit meine eigenen Kinder ihren ersten Schultag hatten, ob man 6- oder 7-jährig wirklich die Ernsthaftigkeit dahinter sieht oder auch nur ansatzweise verstehen kann? Ehrlich gesagt habe ich da so meine Zweifel, denn die erste Frage meines Sohnes war << Mama, muss ich da morgen wieder hin und auch an all den anderen Tage, die noch kommen, solange bis ich groß bin? <<

 Von nun an beginnt das große Warten. Natürlich nie so ganz alleine. Mit uns warten unsere Eltern und Großeltern alljährlich darauf, dass wir das Klassenziel mit möglichst mit guten Noten erreichen und während sie gespannt auf unsere Noten warten, warten wir ungeduldig und voller Freude auf unsere Sommerferien, die uns sechs lange Wochen lang eine kleine Verschnaufpause vom Lernen und Warten verschaffen. Wobei letztendlich warten wir dann ja auch, und zwar auf unseren Urlaub, den wir natürlich mit Mama, Papa, Hund, Schwester, Bruder und Kegel irgendwo an überfüllten Stränden mit soundso vielen ebenso Wartenden verbringen. Mancher möchte das die Zeit dort nie vergeht und andere hingegen warten schon am zweiten Tag ungeduldig darauf, dass die zwei oder drei gebuchten Wochen möglichst rasch vergehen, weil die Unterkunft nicht gefällt, das Meer zu weit weg ist, der Strand zu dreckig, das Essen nicht der heimischen Küche gleicht und das Wetter nicht das verspricht, was der Katalog angepriesen hat. Und sind wir dann endlich wieder in heimischen Gefilden, beginnt das Warten von Neuem.   

 Wir warten geduldig und voller Euphorie auf unseren Schulabschluss, darauf, dass wir eine Ausbildung oder ein Studium beginnen können, warten voller Spannung und Vorfreude auf einen guten Abschluss, sodass wir endlich das bekommen, was man uns irgendwann als Kind versprochen hatte – Das dolce Vita!

Lerne viel und sei fleißig dann geht es dir später gut! Wer kennt diesen Satz nicht aus dem FF?

Und während wir uns durch die Kindergarten- Schulzeit – Ausbildung und oder Studium- Zeit hindurchschlängen warten wir und dass ohne, dass wir es eigentlich so richtig bemerken auf den besten Freund oder beste Freundinnen, das erste Verliebtsein, den ersten magischen Kuss, auf viele wundervolle Momente, Augenblicke, Erlebnisse, Ereignisse, auf die zweite Liebe, auf die womöglich dritte und natürlich auf die einzig wahre Liebe. Wobei, mancher ein Leben lang vergeblich auf die eine wahre Liebe wartet und sich die Wartezeit von einer Liebelei zur nächsten Liebelei verkürzt oder je nach Gefühl versüßt. Hat man Glück und findet die einzig wahre Liebe wartet man darauf, dass man endlich genug Geld verdient, das einem den Lebensstandard sichert, der einem versprochen wurde, um dann was zu tun? Vielleicht zu reisen, ein Haus zu bauen und einen Baum zu pflanzen, um eine Familie zu gründen oder einfach das Leben in vollen Zügen zu genießen. Und, weil viel Geld bedeutet den richtigen Job zu haben, haben wir vorher je nach Typus geduldig oder eher ungeduldig und verbissen darauf gewartet, dass sich unsere tagtäglichen Bemühungen auszahlen und wir leichten Fußes die Karriereleiter erklimmen. Sind wir dann endlich oben oder zu mindestens in der Mitte angekommen, warten einige unter uns natürlich mit dem Himmel voller Geigen auf den Tag der Tage und sagen mit allen Sinnen und aus reinem Herzen die magischen Worte << Ich will! <<

Na kommt es ihnen bekannt vor? Mir schon!   

Januar, Februar, März, April die Jahresuhr steht niemals still, sang der Liedermacher Rolf Zuckowski vor vielen Jahren und letztendlich gilt dies nicht nur für die immer wiederkehrenden Jahreszeiten, sondern für alles, was wir tun und was wir sind. Alles fängt von vorne an. Nicht unser Leben aber das worauf wir warten. Und irgendwann sind wir diejenigen, die auf die Geburt unseres Kindes warten, darauf, dass es endlich brabbelt, krabbelt, hüpft und springt und in ganzen Sätzen reden kann. Wir warten mit ihm auf seine ersten Erfolge und darauf, dass sie groß und selbstständig werden, um was zu tun? Glücklich zu sein, zu werden oder ihrerseits, wie wir ein paar Jahre zuvor, auf all das, was unser Leben letztendlich ausmacht zu warten. Das Leben läuft und läuft wie ein Schweizer Uhrwerk präzise und ohne stehenzubleiben an uns vorbei und ehe man sich versieht gehört man zur älteren Generation, die ihrerseits ebenso wartet wie die Jüngeren. Worauf? Auf die ersten Enkel, auf den wohlverdienten Ruhestand, auf ein sorgenfreies Leben, auf schöne Reisen und darauf das wir eines Tages zufrieden auf unser Leben zurückblicken können und letztendlich auf das, was uns vom ersten Tag unseres Lebens vorbestimmt ist – unserem Ableben. Gut, vielleicht nicht direkt warten und dennoch ist es unabänderlich.

 Das Leben ist eine riesengroße Bushaltestelle und, ob wir immer den richtigen Bus erwischen hängt von so vielen Faktoren ab. Manche davon können wir selbst bestimmen und andere werden uns einfach vorgegeben. Und zwischen all dem Warten leben wir. Mal glücklich und zufrieden, mal unzufrieden und mürrisch, mal mit mehr oder weniger Glück, mit manchen Pechsträhnen, mit guten und schlechten Erfahrungen, mit Einbrüchen, die uns fast aus der Bahn oder aus dem fahrenden Bus werfen und natürlich mit außerordentlichen Endrücken, Erfahrungen, Weisheiten, mit Hoffnungen das sich alles, was wir tun, irgendwann einmal auszahlt, dass wir für unsere Mühen belohnt werden. Und bei allem, was wir tun oder nicht tun glauben wir, dass wir ein verbürgtes Recht auf ein Glücklichsein haben und natürlich auf die Liebe, die alles möglich macht und uns auf Wolke 7 durchs Leben trägt. 

Wir alle nutzen tagtäglich den riesengroßen Bus des Lebens und suchen uns am liebsten die besten Plätze aus. Dabei ist es gar nicht so einfach immer den Bus auch rechtzeitig zu erwischen. Einige kommen immer pünktlich oder vorzeitig an ihrer Haltestelle an und erreichen ihn spielend und mit leichtem Schritt, mancher läuft immer und immer wieder paar Minuten zu spät los und rennt ihm hinterher oder erwischt, wie sehr er/sie sich auch anstrengen mag nie, andere müssen aufgrund von verschiedenen Baustellen in ihrem Leben ein paar Umwege in Kauf nehmen und fahren niemals den direkten Weg und wieder andere haben sozusagen ein lebenslanges Abo auf den Schnellbus und kommen einfach immer schneller am Ziel an als andere und rufen noch vor allen anderen << ich bin schon da<<

 Aber warten müssen wir dennoch alle. Und letztendlich kommt es auch gar nicht so sehr darauf an, wie lange wir warten müssen oder, ob wir unseren Bus stets pünktlich erreichen oder vielleicht doch Umwege nehmen müssen, um unser Ziel zu erreichen. Was am Ende wirklich zählt ist die Strecke, die wir hinter uns gebracht haben, die Erfahrungen, die wir gesammelt haben, das Schöne oder weniger Schöne, was wir am Wegesrand sahen und natürlich but last not least, die vielen Menschen, denen wir auf unseren Fahrten begegnet sind. All das macht am Ende ein erfülltes Leben aus. Und vielleicht ist all das gut so wie es ist? Denn, wer wartet lernt Geduld, auch mit sich selbst und wer möchte nicht am liebsten mit sich am geduldigsten sein? Wir lernen zu unterscheiden, ob es besser ist den langsameren Bus anstatt den Schnellbus zu nehmen, lernen auf die kleinen unscheinbaren Dinge zu achten und, wir lernen – manche schneller als andere, lange Wartezeiten lieber mit Humor als mit Ärgernis zu betrachten. Vielleicht ist das Warten wirklich der Kern des Lebens, denn es macht demütig und dankbar, wenn man dann sein Ziel, wie immer das auch lauten mag erreicht hat.

Auf einer Urlaubsreise vor vielen Jahren las ich in einem Oldtimer- Zug den Warnhinweis

Blumen pflücken und aussteigen während der Fahr ist verboten!

Und ich sage Nein!

Steigt aus, pflückt nach Herzenslust alle die bunten Blumen, die euch auf eurer Fahrt begegnet und verweilt ein wenig, wo es euch gut gefallen hat. Und, wenn ihr euren Bus nicht rechtzeitig erreicht oder glaubt, im falschen zu sitzen, ärgert euch nicht – es gibt doch so viele davon!

Ein altes Sprichwort lautet nämlich:

Viele Wege führen nach Rom oder besser gesagt, es gibt unendlich viele Strecken, die man fahren kann.

Jeder kommt irgendwann dort an, wo er gerne hinmöchte.

Alles, was man dazu braucht ist ein wenig Geduld.

Seien Sie geduldig – ich bin es auch!

 

In diesem Sinne    

Herzlichst ihre/deine Lilo David.

 

 

 

 

 

  

 
 
 
 
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