Petra Lies / Lilo. Ich tue, was mir Freude macht. Singen und Schreiben.    

Fängt Rassismus wirklich in der Kinderstube an oder, warum ich denke, dass die Welt einfach immer verrückter wird.    

Finden Sie nicht auch, dass unsere Welt immer verrückter wird? Also ich schon! Irgendwie habe ich seit Monaten das Gefühl wir leben alle in einem riesengroßen Irrenhaus und haben einfach nur vergessen unsere Medikamente zu nehmen. Egal, wo man hinsieht oder hinhört passieren Dinge worüber man einfach nur noch den Kopf schütteln kann.

Dabei dachte ich am Anfang der Pandemie: wie schön, endlich hat uns Mutter Natur einen gehörigen Schlag auf den Kopf gegeben! Und in meiner großen Naivität dachte ich sogar, dass die Welt ein klein wenig besser aber vor allen Dingen menschlicher werden könnte und wir unsere Lehren aus allem ziehen. Doch jetzt nach einem Jahr Pandemie stelle ich erschrocken fest, dass sie nur noch verrückter geworden ist.

Anstatt, dass sich ein großes WIR ergeben hat, sehe ich nur noch verbissene Gruppenkämpfe und längst schon hat sich der Tenor eingeschlichen: <<bist du nicht für uns – bist du gegen uns<<!

Andere Ansichten werden niedergetrampelt (damit meine ich nicht die unerschrockenen und unverbesserlichen Corona Leugner) und geht man nicht mit der allgemeinen Mainstream- Meinung konform, ist man gesellschaftlich sozusagen unten durch! Neben der großen Debatte über Maskenpflicht und der Frage, werden wir wirklich alle von fremden außerirdischen Mächten gesteuert oder ist das wirklich Realität, hat die Welt seit Wochen die Rassismus-Debatte in den Adelsstand erhoben. Man ist nicht „IN“, wenn man nicht mitredet und geredet wird viel, wenn der Tag lang ist.  

Da wird sich tagelang über eine Sendung echauffiert, die es eigentlich erst in der Zweitausstrahlung geschafft hat, aufs oberste Treppchen der Rassismus-Debatte zu gelangen. Dabei erhitzen sich die Gemüter dermaßen, dass sich wildfremde Menschen verbal an die Gurgel gehen und sich Pest und Cholera an den Hals wünschen. Als ob COVID nicht schon reichen würde! Ja, Black Lives Matter sei Dank, ist nun auch der Letzte in der Reihe aufgewacht und hat sein Herz für People of Color entdeckt. Eifrig werden diejenigen niedergemacht, die weder die Sendung gesehen haben noch sich lauthals darüber aufregen oder  gar versuchen zu relativieren oder es aus einem anderen nicht ganz so verbissenen Blickwinkel zu betrachten. Den Beteiligten selbst spricht man mir nichts dir nichts die Fähigkeit ab menschlich zu sein. Allesamt Rassisten, die dort auf dem Sofa saßen. Selbstredend hat sich jeder Einzelne in  dieser leidigen Diskussion sprachlich falsch verhalten aber sind wir wirklich schon so weit, dass wir ihnen oder jedem anderen deshalb unterstellen Rassist zu sein?

Natürlich sind Diskussion über Alltagsrassismus wichtig. Aber mal ehrlich sind wir alle jederzeit frei davon und verhalten uns sprachlich korrekt? An dieser Stelle zitiere ich einfach mal den weisen biblischen Spruch: Wer ohne Schuld ist, wirft den ersten Stein!  

Es ist nämlich gar nicht so einfach die Hautfarbe eines Menschen nicht zu beachten! Haben Sie es mal versucht? Und welches Wort fällt ihnen wirklich als Erstes ein, wenn ihnen ein Mensch gegenübersteht, dessen Hautfarbe so braun ist wie ihr morgendlicher Kaffee? Mir jedenfalls ist da noch nie der neue gesellschaftlich einwandfreie und korrekte Ausdruck: „People of Color“, eingefallen, sondern eher die weniger einwandfreieren Begriffe wie „Schwarzer“ oder „Dunkelhäutig“. Dabei bin ich ein absoluter Gegner von Rassismus jedweder Art. Das gilt im Übrigen ebenso für gelbe oder rote Mitmenschen und sicherlich auch, sollten wir irgendwann doch irgendwo auf Außerirdische stoßen, für Grüne Männchen.

 Ich finde nur die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft seit Wochen damit umgehen schlichtweg übertrieben. Anstatt eine sachliche Auseinandersetzung mit der Thematik wird sich angegriffen und anderen Mitmenschen gewisse Fähigkeiten oder bisweilen sogar das Denken abgesprochen. Hat man zu früheren Zeiten vielleicht beim Einkauf salopp gesagt wollen wir mal wieder eine Packung Neger*** mitnehmen, riskiert man heute womöglich lebenslanges Hausverbot. Natürlich und da gebe ich allen Verfechtern recht müssen derartige Begrifflichkeiten aus unserem allgemeinen Sprachgebrauch verschwinden. Aber bringen sie mal einem alten Esel das Bellen bei? Sie können mich verteufeln oder mir die Freundschaft kündigen aber in meinen mittlerweile fast sechzig Lebensjahren habe ich noch nicht einmal gedacht: „So ein Schaumkussbrötchen ist doch lecker“.

In meinen stillen Stunden frage ich mich allen Ernstes wie weit wir es noch auf die Spitze treiben wollen mit unserer neuen Weltanschauung? Unsere Anstrengungen allzeit immer gesellschaftlich und politisch korrekt sein zu wollen und niemanden zu diskriminieren  bietet mittlerweile so allerlei amüsante Kuriositäten. Der Streaming - Dienst Disney Plus z.B. hat jetzt verfügt, dass vor Ausstrahlung einiger alter Kinderfilme Warnhinweise gesetzt werden müssen damit es gesellschaftlich und politisch korrekt zugeht. Mittlerweile ist sogar in der Diskussion, ob man nicht altvertraute Filme gänzlich aus dem Programm nehmen sollte, weil sie höchstwahrscheinlich Kinder frühzeitig dazu verführt über andere Völker und Glaubensrichtungen rassistisch zu denken.

 Ich weiß ja nicht, mit welchen Augen  heutzutage die Kinder sich das Dschungelbuch ansehen. Ich für meinen Teil und selbst meine eigenen Kinder, haben es geliebt und sicherlich nicht mal auch nicht für einen kurzen Moment wirklich darüber nachgedacht, ob dort alles gesellschaftlich korrekt zugeht oder Menschengruppen diskriminiert werden. Mogli war Mogli und Balu nichts weiter als ein putziger Freund. Wer weiß, wohin es uns führt, wenn schon ein einfacher Film zum Anlass genommen wird darüber nachzudenken, welchen Schaden er bei unseren Kindern anrichten kann?  Welche Filme a la Disney werden noch unserem Übereifer zum Opfer fallen? Sind Schneewittchen, Susi und Strolch, die Schöne und das Biest oder Sendeformate, wie Bugs Bunny und Co, die sich übrigens auf Super RTL immer noch großer Beliebtheit erfreuen bald alle auf dem Index und wird man  mit Strafverfolgung bedroht sollte man sich diese heimlich bei Kuchen und warmen Kakao mit seinen Kindern ansehen?

Immerhin werden bei Schneewittchen kleinwüchsige Menschen lächerlich gemacht und auf unwürdiger Weise zur Schau gestellt. Susi und Strolch nimmt zwar thematisch den Klassenkampf zwischen Arm und Reich auf und dennoch strotzt es nur so von Vorurteilen und zeigt ganz offensichtlich, dass es in Ordnung ist, wenn man Tiere fängt und in kleinen Käfigen dahinvegetieren lässt. Und bei der liebreizenden Belle vergessen wir während wir uns an ihrem Anblick ergötzen und unser Herz an ihrer Geschichte erwärmen, dass es nach wie vor in unserer Gesellschaft gilt, wer schön ist hat es einfach leichter im Leben. Noch immer beurteilen wir Menschen nach ihrem Aussehen und nicht danach wie sie sind. Und bei Bunny und Co verherrlichen wir 45 Minuten lang Aggressionen, Brutalität und 1001 Möglichkeiten zu töten.

Neulich las ich doch tatsächlich die ernstgemeinte Frage, ob man Kosaken noch Kosaken nennen darf? Ich denke schon aber würde es aus gegebenem Anlass zukünftig irgendwie dann doch vermeiden.  Zu mindestens auf alle Fälle mit dem Zusatz des Zipfels. Dabei handelt es sich bei dem Kosakenzipfel nicht mal um eine wirkliche althergebrachte Leckerei, sondern um einen Sketch von und mit Loriot, in dem ein heftiger Streit um das gleichnamige fiktive Dessert entbrennt. Da man aber heutzutage nicht mehr so genau benennen kann, ab wann oder ob überhaupt sich jemand durch ein Alltagswort herabgesetzt und diskreditiert fühlt, streichen wir es lieber aus unserem allgemeinen Sprachgebrauch. Vielleicht sollten wir dabei auch gleich die Bäckerinnung darum bitten zukünftig keine Amerikaner und Berliner mehr anzubieten und, damit es auf der Welt immer und überall gerecht zugeht nehmen wir auch gleich Hamburger, Wiener Würstchen, Frankfurter und Thüringer, Königsberger Klopse und das Leipziger Allerlei von der Speisekarte. Wenn schon denn schon gleiches Recht für alle! 

 

Mannomann, dabei gibt es weitaus Wichtigeres als verletzende und unangemessen Begrifflichkeiten und Ausdrücke, die man dann anderen anlastet oder sie dafür gesellschaftlich ächtet. Wobei ich an dieser Stelle nochmal betonen möchte, dass es nie in Ordnung ist andere verbal oder körperlich zu verletzen und zu attackieren unabhängig ihrer Herkunft und, ihres Alters oder ihres Geschlechts. Das finde ich, versteht sich von selbst. Dafür bedarf es keine Moralapostel.   

 Rassismus findet nämlich jeden Tag statt und das nicht ausschließlich im Fernsehen oder auf Disney Plus, sondern überall in unseren Städten, in unseren Schulen und auf Kinderspielplätzen. Letzteres sollte eigentlich ein Ort sein, auf dem sich Kinder noch einigermaßen sicher fühlen sollten – zu mindestens dachte ich es und dennoch konnte hier ein 66-jähriger Mann vor kurzem auf einem Bremer Spielplatz ungeniert Kinder attackieren. Einer Zwölfjährigen schlug er ins Gesicht, einen elfjährigen Jungen stieß er zu Boden und einen Zehnjährigen konnte er ungeniert und ungehindert meterweit hinter sich herziehen. Als die Kinder fliehen konnten, rief er ihnen hinterher: „Ausländer raus“.

Das ist Rassismus pur!

Was ich mir dabei denke, liegt ganz offen und ungeniert auf der Hand.

Im Angesicht solch offener Brutalität Kindern anderer Hautfarbe und Nationalität gegenüber erscheint mir und dies möge man mir nachsehen und oder verzeihen, der viral durchdiskutierte und verachtenswerte Begriff „Negerkuss“ als unser kleinstes  rassistisches Problem.

In diesem Sinne

Ihr Lilo David

   

 

 

 

 

 

 

 
 
 
 
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